Gemeinsames Lernen
1984 als erste Solinger Gesamtschule gegründet, ist die Alexander-Coppel-Gesamtschule von Anfang an eine Schule des längeren gemeinsamen Lernens gewesen und dem Grundgedanken verpflichtet, eine Schule für alle Schülerinnen und Schüler zu sein.
Als solche öffnet sie sich natürlich auch den Bemühungen, vorhandene Diskriminierungen und Bildungsbarrieren in Gesellschaft und Schule durch Inklusion und Gemeinsames Lernen abzubauen. Daher hat sie sich – wiederum als erste Solinger Gesamtschule – 2012 mit der Einrichtung der ersten „integrativen Lerngruppe“ auf den Weg zur inklusiven Schule gemacht.
Dieser Weg ist bis heute weiter verfolgt und ausgebaut worden.
Und trotz aller Schwierigkeiten, die zumeist aus den kaum hinreichenden schulpolitischen Rahmenvorgaben für den Inklusionsprozess und hier besonders aus der mangelhaften Personalsituation im Bereich der Sonderpädagogik resultieren, zeigt sich das Gemeinsame Lernen an der ACG als Erfolgsmodell:
- Eine hohe Zufriedenheit bei allen Beteiligten, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern, Eltern.
- Eine gute Lernatmosphäre in den Klassen des Gemeinsamen Lernens.
- Eine erkennbare stärkere „Pädagogisierung“ des Unterrichts, die allen Schülerinnen und Schülern gut tut, die Gruppe und den Einzelnen stärkt.
Eine Begriffsklärung: Inklusion
Mit der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention von 2006 wurden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen abzubauen.
Dieser Grundidee folgen alle Veränderungen des Schulsystems hin zu einem inklusiven System, das eben nicht mehr auf Trennung und „Seperation“, sondern auf Einbezug und „Inklusion“ setzt.
Ein solches System geht wertschätzend mit Unterschieden und mit Vielfalt bei Schülerinnen und Schülern um und versteht „Vielfalt“ („Heterogenität“) nicht als Problem, sondern als Möglichkeit. Inklusion ermöglicht also Teilhabe und „echte“ Gemeinschaft.
Ein inklusives Schulsystem verpflichtet sich dazu, jede Schülerin und jeden Schüler in ihrer / seiner individuellen Lern- und Lebenssituation bestmöglich und innerhalb des in der Schule möglichen Rahmens zu fördern und zu fordern
Vorgaben des Gemeinsames Lernens
Das 9.Schulrechtsänderungsgesetz des Landes NRW setzt die Forderungen der UN-Konvention konsequent um und macht das „gemeinsame Lernen“ möglichst aller Schülerinnen und Schüler zum „Normalfall“.
War bisher für Schülerinnen und Schüler, die besonderen, „sonderpädagogischen“ Förderbedarf (etwa durch Unterstützung durch eine sonderpädagogische Fachkraft) benötigen, der „normale“ Förderort die (dem Förderschwerpunkt entsprechende) Förderschule, so ist dies nun die Regelschule. Und nur, wenn die Eltern – in besonderen Fällen – die Förderschule wünschen, wird vom Förderort Regelschule abgewichen.
Dies bedeutet natürlich eine weitgehende Veränderung des „Regelschulsystems“ überall da, wo nun auch Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufgenommen werden und werden müssen.
Dies wiederum sind nahezu alle Regelschulen in NRW mit Ausnahme der Schulform Gymnasium, die durch die neueren Erlasse der Landesregierung faktisch fast gänzlich aus der Inklusion heraus genommen worden sind.
Für alle anderen Schulformen gilt: Nur wenn sie pro Klasse pro Jahrgang mindestes zwei Schülerinnen oder Schüler mit Förderbedarf aufnehmen, dürfen sie auch die Klassenfrequenz absenken.
Aufgenommen werden (nach Zuweisung durch die Schulaufsicht) Schülerinnen und Schüler mit verschiedenen, im Rahmen formaler Überprüfungsverfahren festgestellten Förderbedarfen in verschiedenen Schwerpunkten.
Die häufigsten Schwerpunkte sind „Lernen“, „Emotinal-Soziale Entwicklung“, „Sprache“, Körperlich-Motorische Entwicklung“, „Geistige Entwicklung“.
Es wird unterschieden zwischen zielgleicher Beschulung (die Schülerinnen und Schüler erhalten Unterricht und Noten gemäß dem Lehrplan der Regelschule) und zieldifferenter Beschulung (die Schülerinnen und Schüler erhalten Unterricht und Beurteilungen gemäß dem Lehrplan des jeweiligen Förderschwerpunktes, in der Regel: „Lernen“ und „geistige Entwicklung“).
Grundsätze des Gemeinsames Lernens an der ACG
Die ACG versteht sich als Schule für alle, die Vielfalt oder Heterogenität als Möglichkeit für ein besseres und „bunteres“ Lernen begreift. Als solche setzt sie die Vorgaben des Schulgesetzes um und unterrichtet seit 2012 Schülerinnen und Schüler mit und ohne besonderen oder sonderpädagogischen Förderbedarf gemeinsam.
Dabei werden die Schülerinnen und Schüler mit ausgewiesenem Fördebedarf nicht auf alle Klassen verteilt (Modell der Streuung), sondern in Klassen des Gemeinsamen Lernens gebündelt.
Hier folgt die Schule der Formel „18+6“, das heißt, es lernen – im Idealfall – 18 Schülerinnen und Schüler ohne besonderen Förderbedarf gemeinsam mit sechs mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Dabei wird auch auf eine Verteilung der verschiedenen Förderschwerpunkte auf alle Klassen des Gemeinsamen Lernens geachtet.
Diese „Bündelung“ in einigen Klassen ermöglicht eben auch die Bündelung der (ohnehin knappen) Stunden der sonderpädagogischen Fachkräfte in den Klassen des Gemeinsamen Lernens und eröffnet so deutlich mehr Möglichkeiten, im Unterricht vielfältig zu arbeiten.
Die wichtigste pädagogische Maßnahme ist dabei – ohnehin typisch für die Arbeit an der Gesamtschule – die Differenzierung.
Gemeinsames Lernen heißt ja keineswegs, dass alle zu jeder Zeit das gleiche tun und schaffen müssen, sondern da, wo es möglich und sinnvoll ist, gemeinsam zu arbeiten, und da, wo es nicht möglich pder sinnvoll ist, in der Methode, im Niveau, in der Grupenzusammensetzung oder in anderen Hinsichten zu differenzieren.
Gemeinsames Lernen an der ACG kann also in vielen Formen und mit vielfältigen Differenzierungen stattfinden, in innerer Differenzierung z.B. durch Teamteaching, verschiedene Niveaustufen oder Stationen lernen, in äußerer Differenzierung z.B. durch Kleingruppenunterricht, Förder- oder Fordergruppen oder durch projektartige Unterrichtsformen, dies kann zeitweilig oder dauerhaft, teilweise oder vollständig sein.
Grundsätzlich aber gilt: In einer Klasse des Gemeinsamen Lernens sind Schülerinnen und Schüler aller Leistungsstufen gemeinsam auf jeweils individuellen Lernwegen damit beschäftigt, „ihre“ jeweiligen Lernziele zu erreichen. Dies gilt gleichermaßen für leistungssschwächere wie für leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler. In diesem – ganz wesentlichen – Sinn bedeutet Inklusion eben nicht Verengung auf bestimmte Gruppen, sondern individuelle Förderung für alle.
Und: Alle Schülerinnen und Schüler verstehen sich als Teil ihrer Klassengemeinschaft und verwirklichen so den Gedanken der Teilhabe.
Arbeiten im Team
Neben der Differenzierung ist vielleicht das Arbeiten im multiprofessionellen Team der auffälligste Unterschied des Gemeinsamen Lernens im Vergleich zum „normalen“ Unterricht.
In den „inklusiven“ Klassen mit ihren ganz besonderen und ganz besonders vielfältigen Lernsituationen ist es auch notwendig, die „klassische“ Lehrerrolle neu zu definieren.
Die Lehrkraft wird hier zum Teil eines „multiprofessionellen“ Teams, in dem viele „Fachleute“ zusammen wirken. Das Klassenleitungsteam besteht aus zwei Regelschulkräften und einer sonderpädagogischen Lehrkraft.
Weiter wird das „Team“ ergänzt durch die Fachlehrkräfte, die Schulsozialpädagoginnen und -pädagogen, die studentischen Ergänzungskräfte, die an unserer Schule mitarbeiten, die Helferinnen und Helfer im Bundesfreiwilligendienst und auch ggf. die Einzelfallhelferinnen und -helfer.
Das bedeutet natürlich deutlich mehr Aufwand für Absprache und Koordination innerhalb des Teams, aber eben auch erheblich mehr Möglichkeiten in der Gestaltung der Unterrichts- und Lernprozesse.
Zwei Besonderheiten: Projektkurs und SamS-Raum
Dass das Gemeinsame Lernen auch pädagogische Innovationen mit sich bringen kann, beweisen unter anderem zwei Besonderheiten unserer Schule.
Zum einen gibt es an der ACG seit 2018 den Projektkurs „BeSondere Pädagogik„, in dem sich Schülerinnen und Schüler der Gymnasialen Oberstufe (freiwillig) mit besonderen Fragen der Pädagogik beschäftigen. Sie tun dies aber eben nicht nur theoretisch, sondern hospitieren und helfen in den Klassen des Gemeinsamen Lernens und entwickeln eigene kleinere Projekte, wie Mittagsangebote, Lernclubs oder Patenschaften.
Dabei „gewinnen“ alle Beteiligten: die Oberstufenschülerinnen und -schüler sammeln wertvolle Erfahrungen, die jüngeren Schülerinnen und Schüler erhalten zusätzliche wichtige Hilfen. Zum anderen gibt es ebenfalls seit 2018 den SamS-Raum. Der SamS (Schüler arbeiten mit Schülern) – Raum ist ein Ort des besonderen Lernens mit mehr Ruhe und Hilfe, aber auch ein „sicherer“ Ort für die, die mehr Hilfe und Schutz – oder einfach nur eine Auszeit brauchen.
Er wird maßgeblich durch Hilfskräfte im Bundesfreiwilligendienst und durch (ältere) Schüler betreut und ergänzt das pädagogische Angebot erheblich.
Ein erstes Fazit
Gemeinsamens Lernen bedeutet für jede Schule Umdenken und Anders denken. Aber mit pädagogischen Ideen und Engagement erweist es sich an unserer Schule als Bereicherung für alle Beteiligten.
Es verbindet stärker als bisher systemisches Denken mit der Beachtung der individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler und trennt nicht mehr streng zwischen Schülerinnen und Schülern mit oder ohne Förderbedarf.
Es geht davon aus, dass jede/r in bestimmten Bereichen Förder- oder Forderbedarf hat – und will dabei helfen, diesem gerecht zu werden.
Die neu hinzu gewonnenen Kompetenzen des multiprofessionellen Teams bieten dazu die Möglichkeiten, wenn sie ausreichend zur Verfügung stehen.